Gestecke: Gestalterische Grundlagen

Jede floristische Gestaltung besteht aus mehreren Komponenten, viele Aspekte sind im Rahmen vorheriger Überlegungen zu bedenken. Dann kommen technische Basics dazu und Gesichtspunkte des Gestaltens. Damit ihr gut vorbereitet in die Floristen-Prüfung startet, widmen wir uns heute den gestalterischen Grundlagen der Gestecke.

Jede kreative Idee kann gut umgesetzt werden, wenn neben der Technik auch eine fundierte Gestaltungstheorie zur Verfügung steht. Sie hilft beispielsweise dabei, die jeweilige Entscheidung bei der Wahl der gestalterischen Elemente und Mittel zu treffen – Gestaltungsmittel sind die Werkstoffe und Materialien. Dagegen sind die Gestaltungselemente die übergeordneten Bereiche und Begriffe, in denen gestalterisches handeln folgt: die Form, die Farben, die Proportionen, die Ordnung, die Gruppierung, die Harmonie, die Symbolik und vieles mehr.

Die Werkstoff-Aspekte

Durch die passenden Werkstoffe und ihre optimale Positionierung wird die gestalterische Wirkung eines Gestecks im Wesentlichen bestimmt. Es ist daher nötig, die Eigenschaften jedes einzelnen Werkstoffs zu kennen und daraus Rückschlüsse auf die gestalterischen Einsatzmöglichkeiten zu ziehen. Damit eröffnet sich das unerschöpfliche gestalterische Potenzial des floralen Werkstoffs und erschließt gleichzeitig die Freude an der eigenen Kreativität.

In den folgenden Kategorien lassen sich die Werkstoffe beschreiben:

Bewegungsform

Floristische Bewegungsformen erfassen schematisch die Wuchsform und -richtung der Werkstoffe. Sie geben Hinweise wie und mit welchem Freiraum die Werkstoffe optimal angeordnet werden. Man unterscheidet zwischen: aufstrebend, aufstrebend-allseitig-entfaltend, aufstrebend-einseitig-entfaltend, aufstrebend-lagernd oder rund-endend, ausschwingend, entfaltend, lagernd-sammelnd, abfließend, brüchig und spielend. In vegetativ wirkenden Gestaltungen müssen die natürlichen Bewegungsformen beachtet werden, während in der dekorativen und formal-linearen Gestaltungsart Verformungen möglich sind.

Oberflächenstruktur

Bei den teils mikroskopisch kleinen Ausformungen der Pflanzenoberflächen könnte man in einem eher flächigen Sinn auch von Textur sprechen. Mit dem Begriff Struktur wird das innere Aufbaugefüge angesprochen. Da die Flächenausprägung aber direkte Folge des inneren Aufbaus ist, soll der übliche Begriff der Oberflächenstruktur beibehalten werden. In der Floristik beschreibt man mit alltäglichen, leicht vorstellbaren Materialbegriffen die äußere Erscheinung von pflanzlichen Oberflächen. Allgemeine Strukturbegriffe sind rau, weich, hart, glatt, aber beispielsweise auch gläsern (Weinbeere), porzellanen (Lilienblüte), rustikal-hölzern (Lotuskolben), brokaten (Rex-Begonien-Blatt), wollig (Waldrebenfruchtstand), seidig (Mohnblüte), samtig (Usambaraveilchen) und lackartig-metallisch (Anthurienspatha).

Farbigkeit

Von floristischen Werkstücken erwartet man eine möglichst harmonische Gestaltung. Der Harmoniebegriff wird dabei vorrangig auf die Kombination von Farben angewendet. Bezogen auf die Anzahl der beteiligten Farben spricht man außerdem von Farbakkorden (Zweiklang, Dreiklang, Vielklang, auch Einklang bzw. Gleichklang bei nur einer Farbe). In der Theorie der Farbenlehre lassen sich einige grundlegende Möglichkeiten der Farbkombination finden:

Die Farbharmonie der Ähnlichkeiten

  • Nachbarschaftsfarbigkeit mit Farben, die im Farbschema nah nebeneinander liegen
  • Variierende Einfarbigkeit oder Gleichklang, wobei Aufhellungen oder Abdunklungen der Farbe auftauchen
  • Verwandte Farben (Farben einer Farbfamilie) nennt man die im Farbschema einander benachbarten Farben plus ihre Aufhellungen

Die Farbharmonie der Gegensätze

Hier stehen Farben zusammen, die sich aufgrund ihrer Gegensätzlichkeit ergänzen, bzw. ihre Wirkung wechselseitig betonen oder steigern. Diese können sein:

  • Helligkeitskontast (hell/dunkel)
  • Qualitätskontrast (rein/trüb)
  • Quantitätskontrast (viel/wenig)
  • Komplementärkontrast
  • Farbe-an-sich-Kontrast (Farben ohne anderweitig bestimmten Bezug zueinander)
  • Bunt-Unbunt-Kontrast (Buntfarbe mit Schwarz, Weiß, Grau)
  • Temperaturkontrast (warm/kalt)
  • Aktivitätskontrast (aktiv/passiv)
  • Gewichtskontrast (leicht/schwer)
  • Entfernungskontrast (nah/fern)

Optisches Gewicht

Mit dem optischen Gewicht bezeichnet man nicht das tatsächliche Gewicht eines Gegenstandes, sondern das Gewicht, das ihm aufgrund seiner optischen Erscheinung zugeordnet wird. Dabei geht man gefühlsmäßig von der Erfahrung aus, die man mit dem Gewicht verschiedener Gegenstände gesammelt hat: Wolken und Federn sind hell und leicht, Kiesel und Früchte schwer, ebenso dunkle, raue Steine. Zartes Porzellan ist hingegen leicht. Die Liste lässt sich beliebig fortführen.

Für ausgewogene Proportionen in einem Gesteck kommt es deshalb nicht nur auf die tatsächlichen Längen und Mengen an, sondern auch auf die optische Gewichtung der Werkstoffe im Gefäß.

Geltungsanspruch

Blumen und Pflanzen sind nicht nur Gestaltungsmittel, sie sind Lebewesen. Ihr Habitus, ihre Größe und Farbe, die gesamte pflanzliche Erscheinung fügt sich zu einer Pflanzenpersönlichkeit. Diese lässt sich mit dem Geltungsanspruch erfassen. Man unterscheidet:

Blumen, die herrschen wollen
Sie dürfen nur einzeln verarbeitet werden oder zu ganz wenigen an herausragender Stelle, z.B. Strelitzien

Blumen, die gelten wollen und vermitteln können
Sie werden in Maßen im mittleren Bereich zwischen der oberen und der niedrigeren Rangstufe verarbeitet, z.B. Nelken

Blumen, die die Gemeinschaft lieben und sich unterordnen
Sie können in Massen auf der Basis verarbeitet werden, z.B. Astern

Blumen, die edel wirken
Sie werden wie herrschende Blumen behandelt, können aber auch in größeren Mengen auftreten, z.B. Orchideen

Blumen, die prunken wollen
Sie entfalten ihre üppige Macht in größerer Menge, wollen aber unter sich bleiben. Eine Konkurrenz mit anderen Arten ist zu vermeiden, z.B. Hortensien

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