Ein Ausblick: Veränderungen am floralen Allerheiligenbrauchtum

Blumen und Pflanzen schmücken die Gräber, Kerzen werfen ein warmes Licht. Es ist Allerheiligen, ein Tag der tiefsten Verbundenheit mit den Verstorbenen. An diesem Tag finden sich viele Menschen an den Gräbern ihrer Angehörigen ein und legen einen Blumenschmuck nieder.

Die beste Beratung für solch eine persönliche Grabdekoration findet man in Friedhofsgärtnereien und Floristikfachgeschäften, wie zum Beispiel in Jutta’s Blumenlädchen mit Sitz in Grefrath am Niederrhein. Seit 18 Jahren ist Jutta Linssen selbstständig und kann berichten, was sich in den letzten Jahren rund um die Floristik an Allerheiligen verändert hat.

Heute seien es vor allem florale Arrangements mit natürlicher Ausstrahlung, die die tiefe Verbundenheit über den Tod hinaus zum Ausdruck bringen. „Zurückhaltende Farben, die unserer der Vergänglichkeit ausgesetzten Natur entspringen, bestimmen den Trend beim Allerheiligen-Blumenschmuck 2022. Grell gefärbte und unnatürliche Farben gehören der Vergangenheit an“, so die Floristin.

Ein Blick in ihre Blumenwerkstatt verrät, dass die Vorbereitungen für Allerheiligen laufen. Jutta Linssen steht am Pflanztisch. Schnell die Handschuhe an und schon füllt die erste Handschaufel mit Erde eine große runde Schale. Prächtige und farbharmonische Knospenheide wird in die lockere Erde in Kombination mit Stacheldrahtpflanze und Scheinbeeren eingepflanzt. Zu deren gedeckten Farben steckt die Floristin duftende, sattgrüne Tannenzweige und erzählt von ihren Beobachtungen: „Viel nachgefragt werden bepflanzte Schalen, das typische trockene Allerheiligengesteck mit Tannenzweigen und Trockenblumen eher weniger.“ In den vorhergehenden Jahren seien es dagegen oft künstliche Floralien mit kräftigen bis schrillen, Farben gewesen, die die Allerheiligen-Floristik ausmachten. Diese Veränderung bringe besonders zum Ausdruck, dass viel Wert auf umweltfreundliche Materialien gelegt wird. Sie ergänzt: „Unsere KundInnen schätzen dieses Angebot sehr und wir engagieren uns stark dafür, diesen Trend weiter voranzutreiben.“

Sie gestaltet die gepflanzte Schale abschließend noch mit Zapfen und Trockenblumen, als die Ladentüre sich schwungvoll öffnet. „Guten Morgen, Frau Linssen“, ruft eine Kundin in den Laden hinein. Freundliche Grüße hallen aus der Werkstatt zurück. Die Kundin lässt sich von der Floristin einen Strauß für Allerheiligen zusammenstellen. Zweige von Tanne und Fichte ersetzen derzeit das sonst übliche Grün im Strauß. „Hingegen sind beim frischen Blumenschmuck die Klassiker nach wie vor topaktuell, die mit ihrer Farbenvielfalt einzigartig sind. Dazu zählen etwa die Rose, Chrysantheme oder auch die exotische Protea“, so Linssen. Als Beiwerk dienen hier auch die an Allerheiligen typischen Trockenblumen. „Reine Trockensträuße sind immer weniger gefragt, frische Blumen symbolisieren eben das blühende Leben“, erklärt die Floristin.

Diese Symbolkraft sollte sich auch in der Grabbepflanzung wiederfinden, versinnbildliche sie doch das ewige Leben. Hierbei gehe es besonders farbharmonisch und formenreich zu: Verschiedene Heidepflanzen in Kombination mit Alpenveilchen, Gräsern, Sedums, Chrysanthemen und Heben werden von Ästen sowie Ranken, die den Kreislauf allen Lebens symbolisiert, geschmückt. „Gerade die blühenden Lenzrosen in der kalten Jahreszeit, wenn der Raureif sich über die Pflanzen legt, ergeben ein schönes Bild“, erklärt die Floristin. Die weiße Blüte füge sich harmonisch ein. Durch eine sensible, aufeinander abgestimmte Bepflanzung entstehe eine ausdrucksvolle Floristik, die eine Wertschätzung und tiefste Verbindungen zu den Verstorbenen veranschaulicht.

Ein Blick auf die Gräber zeigt, dass diese zum Teil kleiner geworden sind. Das lege an der vermehrten Beisetzung von Urnen statt von Särgen und habe auch Auswirkung auf die florale Gestaltung der Ruhestätten. „Die floralen Arrangements werden kleiner, denn ein Urnengrab bietet weniger Platz“, so Linssen.

Doch ob eine große oder kleine Geste, das sei nicht ausschlaggebend: „Das Grab von einem geliebten Menschen zu schmücken, hilft uns dabei, dessen Tod zu verarbeiten“, so Linssen. Aber vor allem sei es eine Wertschätzung und Andenken an die Verstorbenen.

Mit dieser Ansicht ist die Floristin nicht alleine, denn der Laden füllt sich stetig, neugierige Kunden betrachten das vielfältige Sortiment. Einige wünschen eine Beratung und erzählen persönliche Geschichten von ihren Verstorbenen. Die persönlichen Gespräche seien besonders wichtig, um den Grabschmuck so individuell wie möglich auf die verstorbene Person auszurichten. „Ob, eine Bepflanzung, ein Strauß oder ein geschmackvolles Gesteck die Gräber zieren soll, die individuelle Beratung benötigt viel Einfühlungsvermögen, Erfahrung und kreatives Gespür“, so die Floristin.

Erst als der letzte Kunde an diesem Tag fündig geworden ist, schließt Jutta Linssen die Türe. Die besondere Atmosphäre des diesjährigen Allerheiligen-Tags sei die Gleiche wie jedes Jahr, Menschen begegnen sich mit offenen Armen, hören einander zu und schenken sich gegenseitig Trost. „Nur der Ausdruck des Gedenkens mit naturnahen Materialien hat die florale Gestaltung verändert und ist für die heutige Zeit genau der richtige Anspruch“, so Linssen. Das war Allerheiligen 2022 in Jutta’s Blumenlädchen.

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