Blumen haben Charakter und Geltungsansprüche

Blumen haben Charakter und Geltungsansprüche

Jedem Werkstoff, ob ganze Pflanze oder Pflanzenteil, kann ein Wesen, eine Wesensart, ein Wesensausdruck zugeordnet werden. Dementsprechend verlangt jeder Werkstoff, vor allem in vegetativ gestalteten Werkstücken, die Beachtung seiner Geltung, woraus sich Forderungen an die gestalterische Verarbeitung ableiten lassen. Diese Forderungen werden als Geltungsansprüche bezeichnet.

Die drei Geltungsansprüche:

• Werkstoffe, die herrschend/dominierend wirken
• Werkstoffe, die geltend und vermittelnd wirken
• Werkstoffe, die Gemeinschaft liebend und sich unterordnend wirken

Die beiden Geltungsansprüche:

• Werkstoffe, die prunkend wirken
• Werkstoffe, die edel wirken

Diese Geltungsansrüche sind in ihrer Rangordnung nicht eindeutig einzureihen, da die letzten beiden die Forderungen der zuerst genannten Geltungsansprüche in unterschiedlicher Weise miteinander vereinen. Zwar gibt es eindeutige Zuordnungen von Werkstoffen zu den jeweiligen Geltungsansprüchen; eine absolute und damit in jedem Fall geltende Zuordnung existiert aber nicht. Letztlich ist für die jeweilige Rolle, die eine bestimmte Blumenart übernehmen kann, die konkrete Auswahl für das geplante Werkstück entscheidend.

 

Werkstoffe, die herrschend und dominierend wirken

Sie müssen im Werkstück an der bedeutendsten Stelle, meist zentral, und oberhalb der anderen Werkstoffe positioniert werden. Außerdem sind sie allein, eventuell zu zweit, allenfalls in Ausnahmen zu dritt in einem Werkstück zu verwenden. Beispiele sind Helikonien, große Anthurien und Amaryllis.

 

 

 

 

Werkstoffe, die geltend und vermittelnd wirken

Sie müssen im mittleren Bereich von Werkstücken positioniert werden und können auch seitlich oder sogar abfließend eingearbeitet sein. Sie entfalten ihre Wirkung am besten zu mehreren, jedoch nicht in massenhafter Verwendung. Beispiele sind Nelken und Freesien.

 

 

Werkstoffe, die Gemeinschaft liebend und sich unterordnend wirken

Sie müssen im unteren oder inneren Bereich von Werkstücken positioniert werden, bilden also die Basisgestaltung. In größerer Menge, teils sogar in Massen dienen sie den übrigen Werkstoffen als Grundlage und werden in relativer Dichte verarbeitet. Beispiele sind Astern, Mutterkraut, Maßliebchen.

 

 

 

Werkstoffe, die prunkend wirken

Sie sind durch ihre prächtige, üppige Ausstrahlung und Größe den beherrschenden Werkstoffen vergleichbar. Auch wirken sie am besten, wenn sie unter sich bleiben. Sie müssen jedoch nicht alleine verarbeitet werden, sondern ihre Prunkwirkung wird durch eine Verarbeitung in großer Menge noch gesteigert. Lediglich wenige, sich vollkommen unterordnende Begleiter sind möglich, wenn der Prunkeffekt nicht gestört werden soll. Es zeigt sich, dass das oft vorgenommene Einfügen zwischen den Rangstufen der herrschenden und der geltenden Werkstoffe nicht logisch und sinnvoll ist, da die Mengenverarbeitung einer Forderung an Gemeinschaft liebende Blumen gleichkommt.

 

 

Werkstoffe, die edel wirken

Sie wirken entweder durch ihre Besonderheit im Vergleich zu gewohnten und häufiger zu sehenden Blumen oder sie strahlen aufgrund ihrer allgemein bekannten Symbolik etwas Edles aus oder ihre Form bzw. farbliche Erscheinung ist besonders außergewöhnlich. Sie stellen an die Verarbeitung ähnliche Anforderungen wie Blumen, die herrschen wollen. Allerdings sind sie nicht nur als Solitäre, sondern auch in größerer Zahl verwendbar, ohne ihre edle Wirkung einzubüßen. Darin gleichen sie den geltenden oder vermittelnden Blumen. Es zeigt sich, dass ein generelles Einfügen zwischen den Rangstufen der herrschenden und der geltenden Werkstoffe nicht immer sinnvoll ist, da edelwirkende Werkstoffe gleichzeitig auch herrschend oder, in einem anderen Fall, evtl. geltend und vermittelnd wirken.

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